Wann ist der Einsatz von Halbleiter-Dehnungsmessstreifen zu empfehlen?
Für den Bau von Kraft- und Drehmomentsensoren empfehlen wir in der Regel den Einsatz von Metallfolien-Dehnungsmessstreifen mit einem k-Faktor von ca. 2.
Metallfolien-Dehnungsmessstreifen mit einem k-Faktor von ca. 4 (Platin-Wolfram Metallfolien DMS) eignen sich aufgrund der fehlenden "Selbstkompensation" und der damit einhergehenden Nullsignaldrift nicht für allgemeine Anwendungen in der Sensorik.
Der Vorteil des hohen k-Faktors (ca. 100) von Halbleiter Dehnungsmessstreifen wird durch eine Reihe von Nachteilen weitgehend aufgehoben.
Zu den wesentlichen Nachteile gehören
- die schwierige Verarbeitung (Kleben, Verdrahten),
- die fehlende Selbstkompensation,
- das hohe Eigenrauschen,
- die hohe Nullsignaldrift,
- die große Hysterese,
- der große Nullsignal Rückkehrfehler,
- die große Nichtlinearität der Sensitivität,
- die hohe Sensitivität gegenüber Strahlung (Infrarot und sichtbares Licht),
- die große Unsymmetrie der Widerstände, der k-Faktoren und temperaturbedingten Drift innerhalb einer Wheatstone Brücke.
Der Vorteil von Halbleiter DMS besteht vor allem in den geringen Abmessungen, wenn ein Ultraminiatur Sensor mit geringer Kraft und mit hoher Überlastfestigkeit konstruiert wird.
zu 1) Der Klebeprozess dauert mehrere Tage, da die Temperatur langsam und in mehreren Stufen bis über die Glastemperatur des Epoxydharzes erhöht werden muss.
Nach dem Abkühlen sind die DMS in der Regel mit einer hohen Druckspannung vorgespannt, so dass der Widerstand und der k-Faktor um 10%....50% abnehmen. Die Widerstände und die k-Faktoren sind -je nach Verarbeitungsqualität- unterschiedlich in den vier DMS. Durch die nichtlinearen Kennlinien und die unterschiedlichen Arbeitspunkte ist die Kompensation der Wheatstone Brücke weitgehend außer Kraft.
zu 2) Die fehlende Selbstkompensation führt zu einer großen Nullsignaldrift. Es müssen meist Materialien wie Titan-Legierungen eingesetzt werden, um die Drift zu beherrschen.
zu 3) Im Unterschied zu Metallfolien DMS zeigen die Halbleiter eine große Rauschamplitude, und insbesondere auch niederfrequentes Flicker-Rauschen.
zu 4) Im Unterschied zu Metallfolien DMS ist der Effekt von Halbleiter-DMS ein physikalischer. Der Widerstand ist auch abhängig von der Temperatur und von der Strahlung. Beim Metallfolien-DMS handelt es sich dagegen um einen geometrisch bedingten Effekt (Thomson Effekt, Querschnittsveränderung des Leiters unter Dehnung.)
zu 5) Insbesondere bei Vorzeichenwechsel der Dehnung zeigt sich eine Hysterese im Bereich einigen Prozent vom Anzeigewert.
zu 6) der Nullsignal Rückkehrfehler kann ebenso einige Prozent betragen.
zu 7) die Kennlinie des k-Faktors ist stark abhängig von der Dehnung. Der k-Faktor kann, je nach Vorspannung nach dem Kleben, ca. 50...80 betragen. Die Linearitätsabweichung ist in der Regel im Bereich von einem prozent.
zu 8) Halbleiter Sensoren benötigen ein Gehäuse. Der Widerstand ist abhängig von Dehnung, Temperatur und Strahlung.
zu 9) Aufgrund der nichtlinearen Kennlinie und der hohen Vorspannung ergeben sich in den einzelnen DMS einer Wheatstone Brücke große Unterschiede.
Der hohe k-Faktor der Halbleiter DMS ist ein scheinbarer Vorteil. Durch den Einsatz einer hochwertigen Elektronik (GSV-8, GSV-2) mit niedrigster Rauschamplitude kann oft ein Sensor mit Metallfolien-DMS mit vergleichbarer Auflösung und höherer Genauigkeit realisiert werden.