Mit welcher temperaturbedingten Drift muss man rechnen?

Was sind die Ursachen und die Größenordnungen von temperaturbedingter Drift? Welche Maßnahmen gibt es?

Eine temperaturbedingte Drift kann man bei Sensoren mit Dehnungsmessstreifen nicht komplett ausschließen.
Das liegt daran, dass durch die Speisespannung für die Wheatstone Brücke ein Strom durch die Dehnungsmessstreifen fließt und diese dadurch erwärmt.
Insbesondere nach dem Einschalten und in den ersten 20...30 Minuten hat man es mit einer Drift durch Eigenerwärmung zu tun.
Das gleiche gilt auch für den Messverstärker: Insbesondere die erste Verstärkungsstufe der Messverstärker ist davon betroffen.
In erster Näherung verringert sich die Drift mit zunehmender Zeit entsprechend einer Exponentialfunktion.
Betrachtet man den Sensor über einen längeren Zeitraum von mehreren Stunden, dann kann die Drift abwechselnd positiv und negativ sein. das liegt daran, dass sich ein thermisches Gleichgewicht nie ganz einstellt.
Insbesondere bei 6D Sensoren zeigt die Z-Achse stärkere Schwankungen, was daran liegt, dass in der Kompensationsmatrix alle 6 Kanäle addiert werden, während für Fx und Fy einige Faktoren positiv, und einige negativ sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass bei Kraft-/Momenten Sensoren die z-Achse einen zwei- bis 4-mal höheren Messbereich aufweist, und die absolute Drift dadurch auch zwei bis 4-mal höher ist als die Drift für die Fx oder Fy Achse.
Eine Drift von einigen Newton im Messbereich von 2 kN sind durchaus "normal".
Weitere mögliche Ursachen für Drift können aber auch im Versuchsaufbau selbst bedingt sein, falls der Sensor von zwei Seiten fest eingespannt ist: Dann misst der Sensor die thermische Ausdehnung der Versuchsanordnung, und wenige Mikrometer Dehnung können Kräfte von N oder sogar kN erzeugen.
Welche Abhilfemaßnahmen gibt es:
Wenn die Drift durch Eigenerwärmung oder Temperaturschwankungen kritisch ist, weil die Messung über mehrere Stunden dauert, dann können folgende Maßnahmen helfen:
  1. Dem Sensor 1 Stunde Vorwärmzeit geben
  2. in Ausnahmefällen kann man auch die Speisespannung halbieren, wodurch die Verlustleistung auf ein Viertel reduziert wird. das ist bei einem Miniatursensor unbedingt wie z.B. KM10, oder KM10z unbedingt zu empfehlen, denn diese werden spürbar warm bei 5V und sogar heiß bei 10 V Brücken-Speisespannung. Bei einem größeren Sensor K6D40 bringt es nicht viel Linderung.
  3. Keinen Wärmeeintrag in den Sensor kurz vor der Messung: Nicht anfassen, keine kalten oder warmen Gewichte auf den Sensor stellen, nicht das Fenster öffnen. Jede Unsymmetrie in der Temperaturverteilung setzt die Temperaturkompensation außer Kraft.
  4. In der Regel sollte man versuchen, kurz vor der Messung zu Nullen. Auch bei Langzeitmessungen kann man überlegen, ob man für einige Sekunden Kraftfrei geht, um die aktuelle Null zu messen oder zu kompensieren.